Wanderung auf den Gerzkopf - Der „Geheimnisträger“ im Salzburger Gipfelspiel

Ich muss es gestehen: In den Gerzkopf (1.728 m) habe ich mich auf Anhieb verliebt. Die Wälder voll mit Schwarzbeeren, die Libellen im Moor, die Wunschglocke am Gipfel, die Sage rund um den „Goldenen Wagen“ und die über 100 Jahre alte Schäferhütte sind echte Glücklichmacher. Daher geht es auch beim Ritual des Geheimnisträgers genau um diese Frage: Was macht mich glücklich? Es geht um Wünsche, um Dankbarkeit und darum, ob wir an Wunder glauben. Denn nur dann geschehen sie auch.
Der Gerzkopf in Eben war der allererste Berg, auf den ich für das „Salzburger Gipfelspiel“ gewandert bin. Ich kannte ihn nicht, hatte nur von seinem besonderen, geschützten Gipfelmoor gelesen und dass dort oben Auerhähne und Libellen ihren Lebensraum hätten. Und so war ich natürlich neugierig und aufgeregt zugleich: Neugierig, ob der Berg tatsächlich so schön ist, wie man mir es angekündigt hatte. Und aufgeregt, weil ein wenig Aufregung wohl die Voraussetzung für das Gelingen eines jedes Projektes ist.
Ich habe meine Wanderung am Knappbauern gestartet und tauchte sogleich in den hochgelegenen, lichten Bergwald ein: Tannen, Fichten und Lärchen wachsen hier und lange, filigrane Bartflechten zieren ihre Äste. Wer es nicht weiß: Diese Urpflanzen sind ein Zeichen für hervorragende Luftqualität! Farne, Lupinen und Wollgras säumen den breiten Forstweg und die feuchten Wiesen und kleinen Bächlein sind der erste Hinweis auf das große Wasservorkommen auf dem Berg.
Der Gipfel selbst hält sich jedoch bedeckt: Den Gerzkopf erblicken Wanderer erst sehr, sehr spät – ganz im Sinne des Geheimnisträgers. Doch dieser meint es wirklich gut mit uns: Der dichte Wald ist verwunschen schön, die Wurzeltrails scheinen geheimen, unterirdischen Reichen zu entstammen.
Auf den Forstweg folgt ein schmaler Steig, der durch einen dicht bewachsenen Schwarzbeerhain führt. So richtig steil ist der Weg zu keiner Zeit. Bald schon tauchen die kleinere Moorlacken auf und ein erster großer Höhepunkt ist das Holzfernrohr mit Blick auf die Bischofsmütze: Was für eine Pracht! Die wohlwollende Königin befindet sich weit näher an „ihrem“ Geheimnisträger, als ich das vermutet hätte.
Nach gut eineinhalb Stunden lichtet sich der Wald und während sich linkerhand ein großes Latschenfeld auftut, erblickt man rechts die etwas tiefer gelegene Schäferhütte. Der Weg aber führt durch die Latschen hinauf zum Gipfel. Das Gipfelmoor ist tatsächlich traumhaft schön: Libellen tanzen wie Elfen über das dunkle Wasser. Das grasbewachsene Gipfelplateau eröffnet einen traumhaften Blick auf den Gosaukamm und den Dachstein: Die Bischofsmütze scheint zum Greifen nah! Überall im Gras gibt es Sitzgelegenheiten aus Steinen und Holz, die zum Verweilen einladen. Und genau das sollte man tun: Denn das Ritual des Geheimnisträgers hat mit unseren eigenen, tiefsten und geheimen Wünschen zu tun. Kennen wir sie wirklich? Sind es tatsächlich Wünsche, die uns auf lange Frist glücklich machen? Was ist uns wichtig im Leben? Und was besitzen wir schon alles?
Sind die Wünsche formuliert, gilt es, sie mithilfe der Wunschglocke – der ehemaligen Kirchenglocken von Eben – in den Wind zu sprechen. Immer wieder ist ihr lautes Tönen auf dem Berg zu hören: Ein schönes Gefühl, dass Menschen noch an Wünsche und Wunder glauben. Es gibt sie wirklich!
Auf meinem Rückweg hab ich noch den kleinen, lohnenswerten Abstecher zur Schäferhütte unternommen: Schäferin Gitti Oberländer und ihr Hund Finn haben rund 320 Schafe von 27 Bauern unter ihrer Obhut, die den Sommer auf den Hängen des Gerzkopfs verbringen. In der rund 100 Jahre alten Schäferhütte bereitet die Schäferin kleine Brettljausen für Wanderer zu: Platz genommen wird vor der Hütte. Im Hintergrund hört man das Läuten der Schäfchenglocken und hin und wieder auch der Wunschglocke vom Gipfel des Gerzkopfs. Zufriedenheit stellt sich ein und ein Gefühl, das ich als „wunschlos glücklich“ bezeichnen würde.

Tipps & Infos: Hier erfährt ihr alles über das Salzburger Gipfelspiel. Und hier gibt es näheres zum Gerzkopf.

Bildnachweis: Salzburger Sportwelt - Michael Grössinger