Speedskiing ist eine Extremsportart. Mit den rund 2,40 m langen Brettern, brausen die Sportler eine unvorstellbar steile Piste hinunter – dabei immer im Fokus: der Maximalspeed.Einer, der diese Leidenschaft für Geschwindigkeit in sich trägt, ist der Flachauer Manuel Kramer. Er hat mir kürzlich einen Einblick in diese ganz besondere Facette des Skisports gewährt: Von ihm hab ich etwa erfahren, warum der Latexanzug fast immer rot ist, dass der aerodynamische Helm den klingenden Namen „Monster“ trägt oder wie die optimalen Bedingungen für einen Rekord sein müssen.
Aber zunächst hat es mich einfach brennend interessiert, was jemand bewegt, der absolut den Eindruck vermittelt, mit beiden Beinen fest im Leben zu stehen, sich in dem enormen Tempo, eine derart steile Pisten hinunterzustürzen.Manuel lächelt: „Die Liebe zur Geschwindigkeit liegt mir einfach im Blut und was viele vergessen, die „Streif“ in Kitzbühel ist um ein Vielfaches angsteinflößender und gefährlicher. Bis 230 km/h hab ich den Speed gut unter Kontrolle, danach ist es Kopfsache, mich zu überwinden und um jeden Millimeter zu kämpfen, der den Top-Speed ausmacht.“Der Flachauer weiß, wovon er spricht, schließlich ist er in seiner Karriere dabei auch 25 Skiweltcuprennen in den Disziplinen Abfahrt und Super-G und unter anderem auch die „Streif“ gefahren.Was die Abfahrt in Kitzbühel im alpinen Skiweltcup ist, das ist die Strecke in Vars (Frankreich) fürs Speedskiing. Vars ist die schnellste Strecke der Welt: Sie ist 1.000 m lang, die Höhendifferenz beträgt rund 400 m und sie weist ein Gefälle von unglaublichen 98 % auf. Zu meiner Überraschung erfahre ich, dass die perfekte Speedskipiste nicht vereist ist, sondern optimale Temperaturen benötigt, nicht zu warm und nicht zu kalt. „Die Sonne muss die Kristalle brechen und aufmachen bzw. auffirnen. Daher finden die Speedskibewerbe auch nur in den Monaten Februar, März und April statt“, so der Speedster aus Flachau.
„Die Fahrer beschleunigen von Null auf 200 in ca. 7 Sekunden. Dann wird der Luftwiderstand immer stärker und es wird immer schwieriger noch mehr Geschwindigkeit rauszuholen. Jeder Millimeter an Positionsänderung wirkt sich dabei extrem aus“, erklärt mir Manuel.„Die Beschleunigung erfolgt auf den ersten 900 Metern. Erst danach auf den letzten 100 Metern wird dann mittels zweier Lichtschranken die Zeit, die der Speedster für diese 100 Meter benötigt, gemessen und anschließend in km/h umgerechnet. Zum Abbremsen benötigt man in etwa 500 Meter auf denen man sich zunächst aufrichtet und sobald es dann die Geschwindigkeit erlaubt, mit 2 Schwüngen abbremst.“
Derzeit liegt der Speedski-Weltrekord bei 254,958 km/h, aufgestellt vom Italiener Ivan Origone. Diese Saison finden in Vars wieder „Speedmasters“ statt, bei denen du, als einer der Weltbesten dieser Sportart, versuchen wirst, diesen Rekord zu brechen.
Manuel: „Meiner Meinung nach müssen dafür zu 60% die Bedingungen (Piste, Wind, Streckenbeschaffenheit, …) optimal sein, und die restlichen 40 % liegen im Einflussbereich von uns Läufern und unserer Ausrüstung. Der Weltrekordversuch ist für eine Woche anberaumt. Pro Tag haben wir witterungsbedingt ein Zeitfenster von etwa 1,5 Stunden in denen wir die nötigen, optimalen Bedingungen, die einen neuen Rekord zulassen, vorfinden.Während dieser Woche tasten wir uns Schritt für Schritt heran. Zuerst beginnen wir am160-km/h-Start, weiter geht‘s am 180-km/h-Start, gefolgt vom 200-km/h-Start, dem220-km/h-Start und dem 240-km/h-Start, bevor es dann schließlich hinauf zum sogenannten „Top-Start“ geht. Im Laufe der Woche qualifizieren sich die 5 besten Fahrer für das Speedmasters und diese werden dann versuchen, einen neuen Weltrekord herauszufahren.“Neben den Speedmasters hat Manuel noch jede Menge weitere sportliche Ziele in seiner Disziplin, schließlich stehen in dieser Saison dem Vizeweltmeister von 2017 zu den 8 Weltcuprennen auch wieder Weltmeisterschaften ins Haus.
„Ich bin mit Sport aufgewachsen. Den Sommer über bin ich viel mit dem Mountainbike oder Rennrad unterwegs. Daneben unternehme ich gerne einige Berg- und Klettertouren. Die Region in und um Flachau bietet hier ja auch viele Möglichkeiten. In der intensiven Vorbereitungsphase im Herbst trainiere ich auch viel in der Kraftkammer und sobald wie möglich auch auf Schnee. Zum Weltcupauftakt in Idre (Schweden) werden wir früher anreisen und entweder dort oder in Vars eine Woche lang intensiv trainieren.Zusätzlich werde ich natürlich Material testen und am Feintuning arbeiten. Ich bin jetzt die 4. Saison mit dabei und habe viel an Erfahrung sammeln können. Das hilft mir natürlich, die Abstimmung zu optimieren. Mit Atomic, Boa Technology und Flachau habe ich starke Partner und somit gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Saison.“
Manuels Ski- und Skischuhe sind von Atomic, die Stöcke von Leki.Viele Leute fragen sich, was ist eigentlich „Boa“?„Beim Speedskiing haben die Schuhe keine Schnallen, sondern werden mit Klebeband abgeklebt. Geschlossen werden die Schuhe mit einer Manschette. Diese wird von Boa Technology, einem Unternehmen mit Sitz in Mondsee, hergestellt. Ich durfte an der Entwicklung des nunmehr patentierten Systems mitwirken“, erklärt mir Manuel nicht ohne Stolz.Dann gibt es noch die etwa 30 cm langen Spoiler an den Waden, den futuristisch wirkenden Helm mit Namen Monster, der eine Sonderanfertigung ist und den roten Latexanzug, der einfach nur deswegen rot ist, weil er aus Kostengründen in großer Stückzahl in dieser Farbe geordert wurde.
Steckbrief von Manuel Kramer:
Geburtsdatum: 01.01.1989
Verein: USC Flachau
Ausbildung: 2015 Matura, danach abgeschlossenes Bachelor Studium .“Smart Building“ an der FH Salzburg, Campus Kuchl. Diesen Herbst hat Manuel mit seinem Master Studium „Smart Building in Smart Cities“ begonnen.
Info
Infos und Tipps: Über Facebook könnt ihr Manuel und seine Leidenschaft verfolgen.Hier findet ihr generelle Infos über Speedskiing.