Immer aufs "Haserl" schauen

Willkommen in der rutschigen Welt des Eisstockschießens, einem Sport, der so alt ist wie faszinierend. Oft verglichen mit Curling, bietet Eis- bzw. Asphaltstockschießen eine einzigartige Mischung aus Präzision, strategischem Denken und Teamarbeit. Aber was macht den Sport so besonders und warum erfreut es sich wachsender Beliebtheit über seine traditionellen Grenzen von Österreich, Süddeutschland, Südtirol und der Schweiz hinaus? Und was hat es mit dem „Haserl“ auf sich, welches man immer im Blick behalten soll?

Das Eisstockschießen hat seine Wurzeln im mittelalterlichen Europa, wo es zunächst als Zeitvertreib während der kalten Wintermonate diente. Erste Vorläufer dürften im 13. Jahrhundert in Skandinavien entstanden sein. Die grundlegende Idee? Einen schweren Gegenstand so nah wie möglich an einen Zielbereich zu schieben oder zu werfen – dies hat sich bis heute nicht verändert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus ein organisierter Sport mit festen Regeln und Ausrüstung, erste Vereine wurden bereits vor 1900 gegründet. Eine Form des Eisstockschießens wie wir sie heute kennen wird in einem Gemälde von Pieter Bruegels der Ältere von 1565 dargestellt. Während in Österreich großer Wert auf die traditionellen Aspekte des Eisstockschießens gelegt wird, ist der Sport auch modernen Einflüssen gegenüber offen. Die Ausrüstung und Techniken entwickeln sich ständig weiter, und es werden Anstrengungen unternommen, den Sport auch für jüngere Generationen attraktiv zu machen. Gleichzeitig wird darauf geachtet, den traditionellen Charakter und die Werte des Eisstockschießens zu bewahren.

Schon damals, als das Eisstockschießen entstand, schätzte man wohl dessen Vorteile, der Sport ist für Menschen aller Altersgruppen und Fähigkeiten zugänglich. Selbst wenn der Stock beim ersten Schussversuch nicht wie geplant Richtung „Haserl“ gleitet, sondern nur dahineiert und dann umkippt macht es trotzdem (zumindest meiner Erfahrung nach) Spaß. Die einfache Ausrüstung und die leicht zu verstehenden Regeln machen es zudem zu einem idealen Sport für Familien und Freunde. In Radstadt spielen viele unserer Vereine wie die Kameraden, die Stadtkapelle und die Feuerwehr beim Vereineturnier mit, welches jedes Jahr von einem anderen Verein organisiert wird. Neben dem Spaß am Spiel und dem gemütlichen Beisammensein steht aber auch der Wettkampf im Mittelpunkt, schließlich winken den GewinnerInnen neben einem Pokal auch weitere Preise. Das Vereineturnier zeigt auch, dass Asphaltstockschießen nicht nur ein Sport für ältere Menschen ist, sondern in den verschiedenen Teams auch durchaus schon viele „Junge“ mitmischen. Ein ebenfalls heiß umkämpfter Wettbewerb ist das jährliche Turnier der Kameradschaft zwischen den „Taurachtalern“ und den „Stadtlern“, wo die BewohnerInnen des Richtung Untertauern gelegenen Taurachtales gegen die BewohnerInnen der Innenstadt Radstadts antreten, welches nicht nur ein toller Wettkampf für die SpielerInnen ist, sondern auch für ZuschauerInnen viel Spaß bietet.

Wie euch in meinem Text wahrscheinlich schon aufgefallen ist braucht man zum Stockschießen nicht unbedingt eine Eisbahn, wie sie für das traditionelle Eisstockschießen notwendig ist – im Sommer kann auch auf einer ebenen Asphaltbahn oder einer Kunstbahn gespielt werden.

Was braucht man aber nun zum Stockschießen? Die Grundausstattung ist relativ einfach: Ein Stock und das „Haserl“, was das circa 10 x 10 cm große Ziel darstellt, an welches der Stock so nahe wie möglich hin geschossen werden muss. Das Haserl wird anderenorts auch Daube genannt, verschiebt ein Stock diesen Punkt, gibt es automatisch auch ein neues Ziel, was das Spiel spannend macht. Der Stock selbst besteht aus einem Stiel, einem Stockkörper und einer Laufsohle, die je nach Untergrund (Eis oder Asphalt) angepasst wird. Für den Asphalt werden Sohlen aus Kunststoff verwendet, für den Winter Sohlen aus Gummi. Diese gibt es in verschiedenen Härtegraden, welche zu unterschiedlichen Reibwerten auf dem Untergrund führen und von den SpielerInnen selbst gewählt werden können. Die Stöcke können unterschiedlich schwer sein, ihr Gewicht reicht von circa 2,5 Kilo bis fast 4 Kilo und sie werden oft noch traditionell aus Holz gefertigt. Das grundlegende Ziel des Spiels ist es, wie bereits erwähnt, den Eisstock möglichst nah an das Haserl zu schießen. Die Mannschaft oder der/die SpielerIn mit dem Stock, der am nächsten zum Ziel liegt, erhält Punkte. Spiele können auch auf Zeit oder bis zu einer bestimmten Punktzahl gespielt werden, was für mehr Dynamik und Spannung sorgt. Grundlegend spielen zwei Teams gegeneinander, was als „Kehre“ bezeichnet wird, die beiden Teams müssen drei Mal gegeneinander spielen, was in der Sprache der Stockschützen als drei „Kehren“ bezeichnet wird. Beim Gewinn aller drei Kehren bekommt das Team 3,5 Punkte, bei zwei Kehren 2,3 Punkte und bei nur einer Kehre 1,1 Punkte – gewinnt man keine Kehre bekommt man auch keine Punkte. Zum Schluss werden alle Punke ordnungsgemäß zusammengerechnet und die Mannschaft mit den meisten Punkten gewinnt. In der Sprache der Schützen wird die Mannschaft „Moarschaft“ genannt, ihr/e MannschaftsführerIn ist der „Moar“ und dessen erste/r HelferIn ist der „Haggl“.

Geübte StockschützInnen entwickeln durch regelmäßiges Spielen ein besonders Gefühl für den Stock und können diesen präzise dorthin schießen wo sie ihn hinhaben wollen, egal ob man den Schwung mitnimmt oder aus dem Stand schießt und stehen bleibt. Eine sehr geübte Schützin ist meine Kollegin Selina. Während mein Eisstock auf dem Eis dahintaumelt schafft sie es ihren bis auf ein paar Millimeter an das Haserl hinzuschießen, kein Wunder, stammt sie doch aus einer Familie, in welcher die meisten Mitglieder beim örtlichen Eisschützenverein sind. Der Eisschützenverein hat sich ganz dem Stocksport verschrieben und tritt bei Turnieren auch sehr erfolgreich gegen andere Vereine aus der Region an. Die Mitglieder bemühen sich auch, den Stocksport SchülerInnen und Interessierten näher zu bringen. In den Wintermonaten bietet der Eisschützenverein Radstadt ab 10 Personen am Dienstag und Donnerstag Eisstockschießen auf den Stockbahnen in Radstadt an, wo man nicht nur das Schießen probieren kann, sondern sich auch ein paar Tricks von den Profis abschauen kann. Wer sich einmal ein Turnier anschauen möchte ist dazu herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei und die SchützInnen freuen sich über viele ZuschauerInnen.

Eisstockschießen ist ein Sport, der Menschen verbindet, Herausforderungen bietet und vor allem viel Spaß macht. Egal, ob du auf der Suche nach einer neuen Winterbeschäftigung bist oder einfach eine gute Zeit mit Freunden oder Familie verbringen möchtest – Eisstockschießen ist definitiv einen Versuch wert. Wir hoffen, dieser Einblick in das Eisstockschießen hat dein Interesse geweckt. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Radstädter Eisbahn? Pack deinen Eisstock ein oder leih dir einen aus und mach dich bereit für unvergessliche Momente auf dem Eis!

Bildnachweis: Christian Hochwimmer, Radstadt Tourismus