Auf 2 Kufen statt auf zwei Brettln

Frau Holle war fleißig, wir sind warm eingepackt, der Helm sitzt. Wir schauen hinunter ins Tal und freuen uns auf die Abfahrt. Aber nicht mit den Skiern – heute düsen wir auf dem Schlitten runter. Schnell nimmt jeder seine Position am Start der Rodelbahn Hochbifang ein. „Auf drei geht’s los! Eins, zwei, dreiii!!“. Kehre um Kehre schlängelt sich die Bahn durch den Wald. Auf jeder Geraden versuchen wir uns im Überholen. Bis es mich dann im Ziel in die Schneewand steckt und wir lachend fast vom Schlitten fallen.
Wurden Schlitten früher vor allem als Transport- und Fortbewegungsmittel genutzt, sieht das heute etwas anders aus. Genauso wie das Skifahren hat sich das Rodeln zu einer beliebten Wintersportart entwickelt. Kaum liegt der erste Schnee, sausen Groß und Klein die Hügel und Berge runter. Am liebsten fahre ich auf den präparierten Rodelbahnen, die mehrere Kilometer lang sind. Als Kind leistete ich größte Überzeugungskünste, um meinen Opa zum Durch-den-Schnee-Stapfen – und vor allem Schlitten-Hochziehen – zu überreden. Wie bei jeder anderen Sportart gibt es aber auch hier absolute Profis. Ob auf der Naturbahn oder im Eiskanal, wer der schnellste ist, gewinnt. Aber wie machen das die Profis? Genau darüber und vieles mehr konnte ich mit Familie Kallan aus Eben im Pongau sprechen. Roland Kallan, ehemaliger Naturbahnrodler und sein Sohn Noah, Zweiter im Gesamt- Juniorenweltcup im Kunstbahnrodeln 21/22, lassen mich in die Profi-Welt des Rodelns eintauchen.

Vom Rodelfieber gepackt

Roland Kallan hat früh mit seiner Rodelkarriere angefangen. Er startete im Alter von 6 Jahren im Rodelverein Hüttau, fuhr von 1992 bis 2005 bei Europa- und Weltmeisterschaften mit und konnte 5 Weltcup-Podestplätze feiern. Zusammen mit Bruder Gerald rodelte er bei der Junioren-EM 1994 auf den vierten Platz. 2002 wurde er österreichischer Staatsmeister. 2004 fand die Naturbahnrodel-Europameisterschaft in Hüttau statt, die Bahn wird jedoch seit 2005 nicht mehr betrieben. Bis heute engagiert sich Roland für den Rodelsport. Er ist Präsident des Salzburger Landesrodelverbandes und als Obmann des RV Hüttau immer auf der Suche nach motiviertem Nachwuchs. Aktuell zählt der Verein 30 aktive Mitglieder, davon vier „Youngsters“, die auf der Kunstbahn fahren. Die Trainings finden diesen Winter, nachdem Umwetter im Sommer die Bahn in Königsee beschädigten, hauptsächlich in Innsbruck statt. Beim „Trockentraining“ in der Halle packt Rolands Frau Elfriede mit an und fördert die Kondition und Koordination der jungen Sportlerinnen und Sportler.

Von der Rodelbahn auf die Eisbahn

Ebenso früh hat die Laufbahn von Noah begonnen. „Mit 6 Jahren habe ich im Verein angefangen und bin dann zusammen mit meinem Cousin bald auf die Kunstbahn gewechselt. Man wächst da schon in eine Tradition hinein“, blickt Noah zurück auf seine Anfänge. 11 Jahre und zahlreiche Erfolge später nimmt der Sport einen großen Platz in seinem Leben ein. Durch die Unterstützung seiner Familie und den Besuch der Raiffeisen SSM, einer Sport-Schwerpunktschule in Salzburg, ist es ihm möglich, den Sport, die Reisen und den Schulbesuch „unter einen "Rodelhelm" zu bekommen“. Die Saison dauert von Oktober bis Februar, schon einen Tag nach unserem Gespräch ging es für den 17-jährigen Athleten weiter nach Winterberg. Dort belegte er als einer der Jüngsten den 7. Platz der Junioren-WM.

Auch Noahs jüngere Schwester Gloria sitzt regelmäßig auf der Rennrodel. Sie zeigt mir ihre Ausrüstung – von der Brille über den hautengen Anzug bis zu den Kunststoffschuhen ist alles darauf abgestimmt, so aerodynamisch wie möglich zu sein. Auf den künstlich vereisten Betonbahn erreichen die Sportler Geschwindigkeiten über 130 km/h. Kein Wunder, dass sie die Bahn so genau studieren; sie müssen auf Kurvenradien, Kurvenhöhe und G-Kräfte achten. „Spitzensport ist halt schon was anderes“, schmunzelt Roland. Ihre Handschuhe sind mit Metallspikes versehen, um beim Antauchen am Start so viel Schwung wie möglich aus der Eisbahn rauszuholen – ein High Five ist im Rodelsport daher eher nicht zu empfehlen.

Die Tipps von den Profis

Zum Glück kommt man beim Schlittenfahren ohne Spezialanzug und Metallspikes auf den Handschuhen aus. Ein paar Tipps für Hobbyrodler konnte ich den Profis aber entlocken: „Die Ausrüstung ist auch beim Rodeln und Schlittenfahren wichtig – mit rutschfesten Schuhen, warmer Kleidung, Skibrille und Helm ist man schon auf einem guten Weg.“ Vor allem das Bremsen soll geübt sein. Beim Bremsen gerade sitzen und mit der ganzen Sohle gegen den Boden drücken. Zusätzlich kann man den Schlitten oder die Rodel mithilfe des Seils vorne etwas hochziehen, um noch stärker zu bremsen. Beim Fahren zurücklehnen und die Beine anheben. Je weiter man sich zurücklehnt, desto besser kann man Tempo aufbauen. Fährt man mit einem Schlitten, nutzt man die Füße auch zum Lenken. Auf einer Rodel kommt man durch Gewichtverlagerung, und Lenken mit der Hand am besten um die Kurve. Mit diesen Tipps wird die nächste Rodelpartie bestimmt „a richtige Gaudi“!

Weitere Infos zu Rodelbahnen in der Region Salzburger Sportwelt findest du hier:
https://www.salzburgersportwelt.com/de/aktivitaeten/winter/rodeln.html

Kontaktdaten:
Rodelverein HüttauRoland Kallan, Obmannrk-es@sbg.at

Bildnachweis: Roland Kallan, TVB Eben Angelika Pfuner, TVB Hüttau-Niedernfritz